Tradition trifft Moderne: Die Hofbräuhaus-Kunstmühle in München

Die über 500 Jahre alte Hofbräuhaus-Kunstmühle in München ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie handwerkliches Brauchtum und moderne Anforderungen auf harmonische Weise vereint werden können. Als die einzige noch aktive Mühle in der bayerischen Landeshauptstadt setzt das Unternehmen auf regionale Rohstoffe, traditionelle Verarbeitungsmethoden und nachhaltige Produktion. In unserem Gespräch mit ihm schenkte uns Stefan Blum Einblicke in die Philosophie und Arbeitsweise des traditionsreichen Familienbetriebs.

Herr Blum, vielen Dank für Ihre Zeit. Was bedeutet es für Sie, die jahrhundertealte Tradition der Hofbräuhaus-Kunstmühle weiterzuführen?

Der Hauptmotor für mich bzw. für uns alle ist die Fortsetzung der langjährigen Familientradition – schließlich ist die Hofbräuhaus-Kunstmühle seit mehr als 100 Jahren in der Hand der Familie Blum. Was uns antreibt, ist die Freude am Produkt, am Handwerk und daran, am Ende des Tages etwas Greifbares in den Händen zu haben.

Was macht Ihr handwerklich hergestelltes Mehl so besonders?

Wir arbeiten bewusst ohne jegliche Zusätze, wie es bereits 1921, als Jakob Blum die Mühle übernahm, üblich war. Unser griffiges Mehl kann mehr Wasser aufnehmen als das heute übliche glatte Mehl der großen Mühlen. Natürlich kann unser Mehl von Erntejahr zu Erntejahr etwas unterschiedlich ausfallen, bedingt durch die Beschaffenheit des Rohstoffs, also des Getreides. Die Verarbeitung erfordert sorgfältiges Arbeiten und Wissen, aber der Lohn dafür ist ein intensiverer Brotgeschmack und eine längere Haltbarkeit.

Wie setzen Sie das Thema Nachhaltigkeit außerdem in Ihrem Betrieb um?

Die Produktion mitten im Zentrum einer Großstadt hat ihre eigenen Herausforderungen. Wir beziehen unser Getreide aus der Region rund um München und beliefern mit unseren eigenen Fahrzeugen nur Kunden im Umkreis von 100 Kilometern. Die natürliche Wasserkraft ist zwar auf Grund des U-Bahn-Baus inzwischen nicht mehr verfügbar, doch auch heute arbeiten wir noch mit Transmissionen und mechanischen Fördergeräten, wodurch wir nur einen Bruchteil der Energie einer typisch „modernen“ Groß-Mühle benötigen. Auch in unserer Bäckerei produzieren wir wie in den 1960er-Jahren alles täglich frisch, ohne Gärverzögerung oder gefrorene Teige. Das spart nicht nur Energie, sondern ermöglicht uns auch den Verzicht auf moderne Hilfsmittel.

Wie wählen Sie Ihre Rohstoffe aus?

Wir pflegen langjährige Beziehungen zu unseren Landwirten und Lieferanten. Die Sortenwahl wird im Vorfeld gemeinsam besprochen, wobei Qualität und Anbaueignung für die jeweiligen Böden entscheidend sind. In unserem Labor testen wir die Qualitäten sowohl vor als auch nach der Anlieferung. Ein Vorteil dieses regionalen Bezugs und der langjährigen Beziehung ist, dass wir bislang, selbst bei großen globalen Krisen, keine Schwierigkeiten hatten, den Rohstoff zu beziehen.

Welche Herausforderungen begegnen Ihnen bei der handwerklichen Mehlproduktion, insbesondere bei der Verarbeitung von Getreidesorten aus regionalem und nachhaltigem Anbau?

Nicht alle technischen Anforderungen, die vor allem große hochtechnisierte Verarbeiter haben, können wir erfüllen. Es gibt daher ein Marktsegment, das wir nicht bedienen, z.B. die Großbäckereien. Wir fokussieren uns auf handwerkliche Bäckereien und die gehobene Gastronomie. Diese Kunden schätzen die Vorzüge unseres nachhaltigen und handwerklich produzierten Mehles sehr.

Was ist für Gastronomie-Betriebe der größte Vorteil Ihres Mehls?

Rein praktisch gesehen, können Teige aus unseren Mehlen über einen längeren Zeitraum verarbeitet werden. Wenn man beachtet und einrechnet, dass sie nachsteifen, kann man bei handwerklicher Verarbeitung bessere Ergebnisse erhalten. Kurz gesagt: Backwaren aus unserem Mehl schmecken besser und sind bekömmlicher. Darüber hinaus wird Regionalität und Nachhaltigkeit auch in der Gastronomie immer wichtiger. Die Platzl-Betriebe sind das beste Beispiel – die Philosophien der beiden Traditionsunternehmen passen einfach gut zusammen.

Das Churfürstlaiberl ist ein besonderes Produkt in Ihrem Sortiment und auch in der Pfistermühle hat es sich in kurzer Zeit zum Publikumsliebling entwickelt. Können Sie uns etwas über die Entstehung dieses Brotes und seine Besonderheiten erzählen?

Das Churfürstlaiberl ist eine gewürzte Variante unseres Münchner Schwarzbrotes. Für das Restaurant Pfistermühle haben wir es als handtellergroßes Brot entwickelt, das sich sowohl pur als auch in Kombinationen gut genießen lässt. Der Name ist eine Hommage an Churfürst Max Emanuel, auf den die Gründung unseres Unternehmens zurückgeht. Die Rezeptur basiert, wie viele unserer Produkte, auf einem Fundus alter Bücher, aus dem wir auch andere traditionelle Gebäcke wie die Mundsemmel und das Münchner Biergebäck übernommen haben.

Letzte Frage: Sie bereiten sich auf einen Generationenwechsel vor. Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?

Wir planen einen sanften Übergang, bei dem wir das Bewährte weitergeben und gleichzeitig für neue Ideen und Produkte offen sind. Da dieser Prozess von einem ganzen Team getragen wird, entstehen viele neue Impulse. Wir haben einige Produkterweiterungen in Planung, wobei die Qualität immer an oberster Stelle steht.